Gießener Bäckerssohn backte für amerikanische Unabhängigkeit

Historiker Prof. Dr. Holger Thomas Gräf informierte beim Brücke-Stammtisch über die Rolle von Gießener und Wetzlarern im US-Unabhängigkeitskrieg

GIESSEN/WETZLAR/MITTELHESSEN (rge/ger/rg),

Der Historiker Prof. Dr. Holger Thomas Gräf berichtete beim Brücke-Stammtisch über die Rolle der Hessen im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg
Der Historiker Prof. Dr. Holger Thomas Gräf berichtete beim Brücke-Stammtisch über die Rolle der Hessen im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg

Im historischen Gedächtnis der US-Amerikaner spielen die Hessen für die Identität ihrer jungen Nation eine nicht zu unterschätzende Rolle, unterstrich der Historiker Prof. Dr. Holger Thomas Gräf von der Philipps Universität Marburg beim Stammtisch des Deutsch-Amerikanischen Klubs „Die Brücke“ Gießen-Wetzlar. In seinem Vortrag im Hotel Köhler beleuchtete er unter dem Titel „Die „Hessian Mercenaries“ –

Fakten und Mythen“, die Rolle der hessischen Söldner im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg vor rund 230 Jahren, unter denen auch Männer aus dem mittelhessischen Städten Gießen und Wetzlar kämpften.

 

Bekannt wurden die Rolle der „Hessians“ einem breiten deutschen Publikum in den TV-Verfilmungen „Der Winter der ein Sommer war“ (D 1976) und „Das große Abenteuer des Kaspar Schmeck“ (DDR 1982), informierte Gräf. Das allerdings die sogenannten „verkauften Landeskinder“ als Söldner damals eher Standard der Kriegsführung war und Geld in die Kassen der deutschen Fürstentümer spülte war eines der Gründe, dass viele Hessen nach Amerika kamen. Ein weiterer Grund war die Attraktivität des Soldatenberufes mit guter und sicherer Bezahlung sowie Karriere, die viele der Bürger ihre Unterschrift unter die „Subsidienverträge“ leisten ließ, erläuterte der Historiker. Die Minderheit war Zwangsrekrutiert. Die Hessen hatten allerdings einen sehr schlechten Ruf. Vorurteile wurden von Amerikanern gefördert, so in der bekannten Erzählung in Washington Irwins „Legende von Sleepy Hollow“, in dem ein hessischer Söldner als kopfloser Reiter eine geheimnisvolle Rolle spielt. Den Amerikanern wurde ein barbarisches Feindbild in diversen Publikationen eingeimpft. Das wirkte sich sogar bis in die Nachkriegszeit aus, als es um die wieder Wiederbewaffnung Deutschlands ging und Eisenhower 1951 sagte, er wolle keine hessischen Söldner. 19 Freiwillige aus der Freien Reichsstadt Wetzlar und 25 aus Gießen im Fürstentum Hessen-Darmstadt zogen für die Britten in den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, ermittelte Gräf aus vorliegenden Quellen. Davon waren ein Drittel über 30 Jahre alt. Sie wurden in den Einheiten von Hessen-Hannover, Hessen-Kassel und den Waldecker Regimentern eingesetzt. Dass nur ein Toter bei unmittelbaren Kriegshandlungen, aber 12 an Krankheiten verstarben verwundert um so mehr, als das nur vier Mittelhessen nach dem Krieg in ihre alte Heimat Europa zurück kehrten. Fünf blieben nachweislich in den USA, 11 desertierten und von weiteren 11 Soldaten ist der Verbleib unbekannt. Dabei erinnerte er auch an ein anderes Schicksal und zwar des „Kriegsknechts“ Christopher Ludwich, den Sohn eines Bäckers in Gießen. Der war über allerlei Umwege in Diensten von Österreich und Preußen, dann als britischer Matrose nach Philadelphia gekommen und hatte es dort später zu Reichtum gebracht. 1777 wurde der Hesse aus der Stadt an der Lahn als amerikanischer Patriot zum Oberbäcker und Chef der Feldbäckerei der US-Truppen im Unabhängigkeitskrieg ernannt, informierte Dr. Gräf abschließend. Die Brücke-Präsidenten Roger Schmidt und Günther Schmadel dankten dem Historiker für diese interessante transatlantische Geschichtsstunde.

 

 

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